Aktivist*innen verändern Bundeswehr-Poster: Soldat*innen rufen jetzt zum Desertieren auf

Pünktlich zum Antikriegstag am 1. September hängt die Aktionsgruppe Bundesleer in Berlin umgebastelte Plakate der aktuell laufenden Werbekampagne der Bundeswehr auf. In den veränderten Postern der Aktivist*innen erklären die abgebildeten Soldat*innen, warum sie desertieren und somit aus der Bundeswehr eine Bundesleer machen. Während die Bundeswehr Kriegspropaganda in ganz Deutschland aufhängt und aggressiv eine Karriere für den Krieg bewirbt schlägt die Aktionsgruppe Bundesleer Desertation, Sabotage, soziale Verteidigung und praktische Solidarität als Strategien für eine friedlichere Welt vor.

Eine bessere Welt für alle

In der Originalkampagne der Bundeswehr kämpft ein Panzergrenadier „Für ein Land, in dem wir alle unbeschwert Leben können“. Mit dem Land ist Deutschland gemeint und mit dem „wir“ selbstverständlich Deutsche. Mit solchen völkisch-nationalistischen Kategorien kann die Aktionsgruppe Bundesleer nichts anfangen. Deswegen änderte sie den Slogan in „Für ’ne Welt, in der wir alle unbeschwert Leben können“. Der*die Uniformierte auf dem umgestalteten Poster ergänzt: „Deshalb desertier‘ ich jetzt!“. Denn: „Krieg schafft höchstens für ein paar wenige ein unbeschwertes Leben. Wer im Kriegsgebiet lebt, lebt alles andere als unbeschwert“, so Jennifer Fried, Sprecher*in der Aktionsgruppe Bundesleer.

Soziale Verteidigung statt Militär

Als Alternative zum organisierten Mord steht die Aktionsgruppe Bundesleer für eine soziale Verteidigung von Unten. Jennifer Fried, Sprecher*in der Aktionsgruppe Bundesleer, erklärt die Grundidee der sozialen Verteidigung: „Statt zu schießen und zu morden, um Nationalstaaten und ihre imperialen Interessen zu verteidigen, sollten wir schützen, was schützenswert ist und kämpfen, für was es sich zu kämpfen lohnt. Wir sollten unsere Sozialnetze schützen und stärken und gemeinsam Pläne schmieden, um eine lebenswerte Welt für alle zu schaffen. Militär steht für das Außeinanderreißen sozialer Zusammenhänge durch den Einsatz und Tod an der Front, blinden Gehorsam und eine hierarchische Weltordnung.“

Sabotage für den Frieden

Ein Beispiel für aktive soziale Verteidigung liefert der Spruch auf einem weiteren Plakat der Aktivist*innen: „Für den Frieden sabotiere ich Kriegsgerät“. Der Originalslogan der Bundeswehr lautete „Für meine Großen und unser kleines Zuhause“. Auf der veränderten Version verkündet die uniformierte Protagonist*in: „Ich habe gekündigt“. Die ebenfalls abgelichteten Kinder antworten erfreut: „Endlich!“. Jennifer Fried erklärt: „Das kleinbürgerliche Einfamilienhaus ist sicherlich kein Ort, an dem sich eine widerständige Praxis entwickelt, mit der man der Autorität trotzen kann. Eine solcher Widerstand wäre aber zum Beispiel im Besatzungsfall eine bessere Verteidigung, als es ein Militär je sein könnte. Kommt raus aus eurem Einfamilienhaus und setzt euch gemeinsam mit anderen für eine bessere Welt ein! Zum Beispiel, in dem ihr die Mordmaschinerie durch Sabotage ins Stocken bringt.“

Sichere Fluchtwege und Bleiberecht für alle

Ein anderes Motiv zeigte im Bundeswehr-Original einen Soldaten der Marine mit dem Slogan „Für sichere Versorgungswege“. Auffällig im Hintergrund platziert: Eine Ananas. Die Aktivist*innen änderten den Slogan in „Für sichere Fluchtwege“. Aus dem Soldaten wurde eine Fluchthelfer*in und zivile Seenotretter*in. „Eine Gesellschaft, in der die sichere Versorgung mit tropischen Früchten höhere Priorität als die Leben der im Mittelmeer ertrinkenden Flüchtenden hat, ist genau das, wofür die Bundeswehr steht“, findet Jennifer Fried: „Wir fordern ein bedingungsloses Bleiberecht und sichere Fluchtwege für alle. Insbesondere trägt jede Kriegsdienstverweiger*in zu einer friedlicheren Welt bei und muss unbedingt Asyl und Fluchthilfe bekommen.“

Geheimdienste abschaffen

Während der IT-Sicherheitsexperte der Original-Kampagne der Bundeswehr „für sichere Informationen in Deutschland“ ist, fordert er in den geänderten Postern: „Geheimdienstinformationen leaken!“. Der Militärische Abschirmdienst dokumentiert und verfolgt seit Jahren politische Aktionen mit Bundeswehr-Werbeplakaten. Das ergaben kleine Anfragen im Bundestag. Dabei arbeitet der Geheimdienst auch gerne im „Gemeinsamen Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum“ (GETZ) mit den Polizeien und dem Verfassungsschutz zusammen. Im GETZ waren Adbustings mindestens vier mal Thema. „Genauere Informationen, warum die Geheimdienste das machen, kriegt man von ihnen nicht. Deren Veröffentlichung könnte angeblich das Staatswohl gefährden“, erklärt Jennifer Fried: „Solche Institutionen, bei denen die simpelsten demokratischen Kontrollmaßnahmen nicht funktionieren, sind offensichtlich eine Gefahr für die Demokratie und gehören abgeschafft.“

TAZ: Wilder Werben – Repression gegen Adbusting

LTO: Eine Jura­stu­dentin zieht nach Karls­ruhe

Nie zu spät zum Desertieren

Die Sprecher*in der Aktionsgruppe Bundesleer, Jennifer Fried, richtet sich auch direkt an die Soldat*innen der Bundeswehr: „Es ist nie zu spät, den Kriegsdienst zu verweigern. Hört auf beim Militär und kämpft mit uns für eine bessere Welt, statt auf Befehl zu töten! Vielleicht haben wir dann ja irgendwann eine Bundesleer.“

Unterstützung und Beratung für Verweigerer*innen und Deserteur*innen bei Connection e.V

bundesleer@riseup.net